Leinen los

 

Aus dem Nichts begegnet, von Blitz und Donner gerührt.

Der Augenblick gesegnet, von hoher Macht geführt.

Zwei Herzen schlugen füreinander und waren sich plötzlich so nah.

So dicht, so eng beieinander, wir wussten nicht, wie uns geschah.

Die Welt hörte auf sich zu drehen, und Licht flutete uns’ren Raum,

um endlich die Liebe zu sehen.

Es gab nur uns beide  –  so wie im Traum.

 

Wie zwei alte Seelen, tausend Jahre bekannt,

alte Fabelwesen  –  uralt seelenverwandt.

Wir hatten uns verloren und gewannen uns wieder neu.

Wie Kinder neu geboren,  wahre Liebe, ganz ohne Scheu.

Wir haben zusammengehalten,  wir liebten auf Teufel komm raus.

Was konnte uns dennoch spalten?

Das Nest fiel vom Baum – das Vöglein flog aus.

 

Die Liebe ist nicht geblieben.  Sie verflog mit dem Wind.

Was hat sie  von uns getrieben?  Werd‘ ich noch einmal zum Kind,

das völlig frei ohne Sünde, eine neue Liebe wird seh’n?

Wie gut es mir jetzt wirklich stünde auf eigenen Wegen zu geh’n.

Ich würde so gern bei dir bleiben, doch es klingt wie geschmolzenes Glas.

Blieb ich da,  könnt ich mich nicht mehr leiden,

Ich lasse dich zieh‘n   –   ohne Hass.

 

Wir haben einander gehalten,

wir ließen einander nicht los!

Doch nun sind wir nicht mehr die Alten.

Ich geh‘ meinen ureig‘nen Weg.

Leinen los! 

Leinen los!

Leinen los!

 

 

© Rüdiger Kirsch  11/2016